Öffentlichkeitsarbeit 2021

Unsere alten Bäume - neu sehen

Kleine Exkursion durch den Kurpark/ Heiden
mit Baumexperte Walter Wipfli
Samstag 11. September 2021
Treffpunkt: Dunantplatz 14 Uhr


Walter Wipfli ist ein ausgewiesener Experte in der visuellen Baumbeurteilung. Er benutzt hierfür keine holzschädigenden Messinstrumente, sondern verlässt sich auf sein geschultes Auge und seine grosse Erfahrung um den Gesundheitszustand des Baumes beurteilen zu können.
Er wohnt in Seelisberg UR.   www.baumexperte.ch



Gut Getroffen

Gut 40 Personen nahmen bei schönstem Wetter an diesem ersten, von Heiden-Natur organisierten Anlass teil.

Einführung

Walter Wipfli erläuterte den Anwesenden in einer interessanten Einführung das Wachstum der Bäume, ihre genialen und effizienten Abwehrstrategien gegen hungrige Lebewesen von Aussen und von Innen und ihre Anpassungsmöglichkeiten gegen Wind und Wetter. Viele Fragen konnte er kompetent und verständlich beantworten, bei einigen musste er aber auch darauf hinweisen, dass genaue Antworten nicht möglich sind, da vieles über die erstaunlichen Funktionen und Abläufe im Inneren des Baumes noch sehr wenig erforscht ist.
Jedenfalls hat er mit der Mär aufgeräumt, dass ein jeder hohler Baum kurz vor dem Umfallen stünde und deshalb aus Sicherheitsgründen gefällt werden müsse. Richtig ist, dass die meisten alten Bäume hohl sind, was letztlich auch ihrer Stabilität zugute komme. Der Baum überlässt sein Kernholz, welches er nicht mehr braucht, den Pilzen und Insekten, welche es über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg zersetzen und so den Baum aushöhlen.
Durch das Ansetzen von Holz, lebendem Holz, dem sogenannten Splintholz wirkt der Baum diesem inneren Abbauprozess entgegen. Aussen schützt er das lebende Holz mit seiner Rinde und Innen mit einer fast undurchdringlichen Barriere gegen die dort holzabbauenden Pilze und Insekten.
Deshalb ist ein alter Baum für die Biodiversität auch so extrem wertvoll, da er über eine lange Zeit wertvollen Lebensraum und genügend Nahrung für eine riesige Anzahl von Tieren, Pflanzen und Pilzen zur Verfügung stellt.

Dann führte uns Walter Wipfli zum ersten Anschauungsobjekt. Zu einer der prächtigen Winterlinden auf dem Dunantplatz.

Anschauungsunterricht

Winterlinde Dunantplatz

Anhand des Zuwachses von Holz, welcher sich je nach WIndbelastung und/oder Schadstellen unterschiedlich entwickelt, konnte Wipfli anschaulich erklären, wie sich der Baum, mit Holzzuwachs an den entsprechenden Stellen, wieder ins Gleichgewicht bringt und so entstandene Spannungen abbaut. Was ihm aber etwas Sorgen bereitete, war der im Vergleich zum Stamm auffällig schwache Holzzuwachs am Wurzelansatz. Dies deute auf schlechte Standortbedingungen hin, meinte er. Für eine genaue Beurteilung müsste ein Loch gegraben werden damit die Bodenstruktur und auch der Zustand der Wurzeln beurteilt werden kann.

Winterlinde Spielplatz

An den Wurzelansätzen einer Linde auf dem Spielplatz konnte uns Walter Wipfli zeigen, wie der Holzzuwachs bzw. die Struktur der Rinde aussehen müsste, wenn die Bodenverhältnisse dem Baum genügend Nährstoffe bieten und einen möglichst ungehinderten Wasserdurchlass und Gasaustausch ermöglichen.
Auf eine Frage hin, beurteilte Wipfli den nahen asphaltierten Weg als  unproblematisch. Solange es nur ein oberflächlicher Belag, ohne tiefe Kofferung* sei, könne der Baum gut damit umgehen.
* hier werden jeweils auch die Wurzel in Mitleidenschaft gezogen, was sich meist negativ auf die Gesundheit und die Lebenszeit des Baumes auswirkt.

Weiter geht's

Vom Spielplatz ging es dann durch den Kurpark zu den Buchen an der Poststrasse.

Blutbuche mit Sicherungsgurt

Die mächtige Blutbuche trägt einen Schutzgurt, welcher einen der diversen Stämme sichern soll. Grund ist eine tiefe Höhlung, welche den Bruch des betroffenen Stämmlings begünstigen könnte. Walter Wipfli wies darauf hin, dass der Baum an dieser schwachen Stelle eigentlich wesentlich mehr Holz ansetzen müsste. Aus seiner Sicht wurde der Gurt aber zu fest gespannt, so dass sich der Baum in falscher Sicherheit wiegt und deshalb keinen Grund sieht, diese schwache Stelle mit Holzzuwachs abzusichern. Eine mechanische Absicherung ist hier zwar richtig, sie sollte aber dem Baum genügend Bewegungsfreiheit geben, damit er wieder selber merken kann, wo Schwachstellen verstärkt werden müssen.

Hängebuche mit Veredelungsstelle

Bei dieser Hängebuche ist die Veredelungsstelle auch nach all den Jahren immer noch sehr gut sichtbar. Walter Wipfli ist froh, dass die Veredelungsstellen gut vernarbt sind und die Gefahr deshalb sehr klein ist, dass an diesen potentiellen Schwachstellen der Stamm brechen könnte.

Rotbuche mit drohender Bruchstelle

Hier hat Walter Wipfli, für uns alle gut sichtbar, eine nicht ungefährliche Schadstelle an einem ausladenden Ast entdeckt. Der Baum versucht hier mit einem Holzzuwachs unterhalb des Astes diesen zu stützen. Aufgrund seiner ungünstigen Position, wird dies voraussichtlich aber nicht genügen.  Dieser Bereich sollte mindestens mit einem Rückschnitt entlastet und so sicherer gemacht werden. Walter Wipfli hofft, dass die anwesenden Gemeindvertreter_innen diese Information an die zuständigen Stellen weitergeben.